Gedanken

Was hat mir das ganze Reisen eigentlich gebracht?

Was hat mir das ganze Reisen eigentlich gebracht?

In Zeiten, in denen ich mehr oder weniger zu Hause sitze, kommen plötzlich Fragen auf. Wer bin ich eigentlich, ohne zu reisen? Und was haben mir all die Jahre unterwegs gebracht? Und ganz wichtig: Will ich so weitermachen?

Bald wird es ein Jahr her sein, seitdem sich die Welt grundlegend verändert hat – für uns alle, ganz egal in welcher Ecke der Erde wir uns gerade befinden. Corona hat uns alle auf die eine oder andere Weise beeinflusst. Obwohl es dazu vieles zu sagen gäbe, konzentriere ich mich in diesem Artikel aber nur auf den Aspekt des Reisens.

Seit mehr als 12 Monaten bin ich kaum mehr gereist. Einzig im letzten Sommer habe ich mit meiner Familie für zwei Wochen Slowenien bereist. Wir waren mit dem Zug unterwegs und es hat so richtig gutgetan, mal wieder weg zu kommen. Auch wenn es „nur“ bis nach Slowenien ging – nicht ans andere Ende der Welt. Ansonsten habe ich die Schweiz seit einem Jahr nicht mehr verlassen. Die Schweiz ist wunderschön, aber es ist auch ein wirklich, wirklich kleines Land.

Was hat mir das ganze Reisen eigentlich gebracht?

Mit dem Zug durch Slowenien.

Ich vermisse das Reisen

Mittlerweile vermisse ich das Reisen unglaublich. Ich vermisse das Unterwegssein. Ich vermisse die Vorfreude auf das Abenteuer bei der Abfahrt. Ich vermisse es, den Duft eines neuen Ortes bei der Ankunft am Bahnhof zu riechen. Und ich vermisse all die Abenteuer, die Menschen und die Landschaften, die das Unterwegssein so reizvoll machen. Was ich bloss alles für verrückte Leute getroffen habe!

In diesen Zeiten sind wir fleissig am Pläne machen für kommende Reisen. Wann das uneingeschränkte Reisen wieder möglich sein wird, steht in den Sternen. Vielleicht ist es erst in ein paar Jahren wieder soweit. Kann schon sein. Glücklicherweise habe ich keinen Stress. Ich will nicht noch dies und jenes sehen, bevor…. „ich sesshaft werde“, „eine Familie gründe“ oder sonst was. Habe ich nämlich beides schon gemacht. Und ich habe schon so vieles gesehen und erlebt.

Ich reise tatsächlich nur des Reisens willen. Weil ich es liebe. Ich habe auch das Glück, dass ich meinen Reiseblog nicht hauptberuflich betreibe. Ich bin nicht davon abhängig und „muss“ nicht hierhin oder dahin reisen, ich muss auch nicht irgendwelche Kooperationen annehmen, die ich nicht will. Ich mache einfach das, was ich will. Wie glücklicherweise schon immer.

Das bringt mich wiederum zu der Frage dieses Artikels. Nach all den Jahren des Unterwegsseins:

Was hat mir das ganze Reisen eigentlich gebracht?

Die Frage kann ich ganz kurz mit „alles“ beantworten. Nichts hat mich so sehr geformt wie meine Reisen, meine Arbeit im Ausland. Allenfalls noch das Muttersein. Das ist auch ein Meilenstein in meinem Leben, der mich verändert hat. Dies aber auf einer unbewussten Ebene durch eine tiefe Auseinandersetzung mit mir selbst, meinen Bedürfnissen und meinem Wesen. Dazu gibt’s aber im nächsten Artikel mehr.

Zurück zum Reisen. Als ich 15 Jahre alt war, bin ich das erste Mal alleine verreist. Nach vielen kürzeren Reisen in Europa und Marokko bin ich dann mit meinem damaligen Freund für sieben Monate durch Südamerika gereist. Ich war 19 Jahre alt. Von da an gab es kein Halten mehr und ich bin immer wieder gereist. Der Höhenpunkt und gelebter Traum war meine fast 2-jährige Weltreise, bei der ich alleine unterwegs war.

Was hat mir das ganze Reisen eigentlich gebracht?

Alleine unterwegs in der weiten Welt.

In all diesen Jahren bin ich zu der Person gewachsen, die ich heute bin. Soweit, so logisch. Ist ja bei allen so, egal ob jemand reist oder nicht. Da gibt es auch kein richtig oder falsch, schliesslich ist Reisen nicht für alle das Nonplusultra. Aber für mich war und ist es das. Und wenn ich mich nicht total täusche, wird es das wohl auch immer bleiben. Denn die Sehnsucht bleibt, sie ist immer da.

Meine Reisen haben mich auf vielen Ebenen weitergebracht. Schon nur aus dem Grund, weil ich meine Weltreise alleine gemacht habe und ich wortwörtlich alle Zeit der Welt für mich hatte (hier findest du eine eigene Kategorie zum Thema Soloreisen). Das war damals richtig und wichtig. Heute wachse ich in einer Partnerschaft, was nicht eine mindergrosse, aber eine ganz andere Sache ist.

Meine Reisen um den Globus haben mich in erster Linie auf folgenden Ebenen weitergebracht:

Die kulturelle Ebene

Am naheliegendsten sind natürlich die kulturellen Besonderheiten, die ich 1:1 kennenlernen durfte. Menschen ticken zwar überall gleich, dennoch äussert sich das gänzlich anders in Chile oder in Laos. Ich habe Freunde in der ganzen Welt, mit den unterschiedlichsten Hintergründen und Eigenschaften. Einige von Ihnen haben mich auch schon in der Schweiz besucht (was übrigens nicht immer den besten Ausgang hatte). Manchmal sind die kulturellen Unterschiede einfach zu gross und scheinen für den Moment nicht überbrückbar.

Dadurch durfte ich aber lernen, dass wahre Freundschaft auch Momente, wenn nicht sogar Jahre der Krise überstehen. Die Menschen die ich auf Reisen kennengelernt habe, sind die wertvollsten Erlebnisse meiner Reisen. Vielen von ihnen bin ich heute noch dankbar, auch wenn es manchmal nur eine kurze Begegnung war, die mich aber nachhaltig verändert, beeindruckt oder gelehrt hat.

Die arbeitstechnische Ebene

Auf meinen Reisen hat sich mir eine ganz neue Art zu Arbeiten eröffnet. Nenne es Remote Work, New Work, Digital Nomad, was auch immer. Ich habe gelernt, dass ich von überall arbeiten kann und meine Zeit nicht in einem Grossraumbüro totschlagen muss (obwohl ich zeitweise trotzdem wieder dahin zurückgekehrt bin, aber auch das ist eine andere Geschichte. Ach, so viele Geschichten noch…).

Auf meiner Weltreise habe ich zwar die meiste Zeit von meinem Ersparten gelebt, im gleichen Zug aber meine ersten Erfahrungen im unabhängigen Arbeiten gesammelt und als freie Bloggerin, Webdesignerin und Reisejournalistin gearbeitet.

Ich weiss jetzt, dass ich jederzeit wählen kann, wie ich mein Arbeitsleben gestalten will. Ich bin an niemanden gebunden, wenn ich das nicht will. Zur Zeit bin ich das zwar, aber weil ich es so will und mit dem Wissen, dass ich es jederzeit ändern kann. Dieses Wissen macht frei und unabhängig.

Die persönliche Ebene

In meinen Jahren auf Reisen habe ich mich als Mensch stark weiterentwickelt. Das liegt nicht nur an meinen Erlebnissen, sondern vor allem an der vielen Zeit, die ich mir plötzlich nehmen konnte. Ich habe noch mehr gelesen als im normalen Alltag. Bevorzugt las und lese ich Sachbücher, alles was zur persönlichen Entwicklung beiträgt. Ich habe mich unterwegs mit unglaublich vielen Themen beschäftigt und vieles über mich herausgefunden.

Hier findest du einen kleinen Einblick in meine Lektüren während meiner Weltreise.

Durch meine Weltreise bin ich selbstständiger geworden. Ich weiss heute was mir guttut und was weniger Wert für mich hat. Ich kann mich besser abgrenzen, aber ich lerne immer noch täglich dazu. Meine persönliche Weiterentwicklung ist in meinem Leben zentral und treibt mich auch zu einem gewissen Grad an.

Meine Weltreise hat mir auch Liebe gebracht – auf verschiedenen Ebenen. Aber ganz konkret habe ich heute eine Familie mit zwei kleinen Kindern wegen meiner Weltreise. Hätte ich die nicht gemacht, dann hätte ich Jürgen nie kennengelernt und wir wären nicht zusammengekommen (mehr zu Jürgen liest du hier). Eine kurze Begegnung in Nicaragua kann also durchaus weitreichende Folgen haben!

Ich denke oft daran zurück, wie wir uns kennengelernt haben und wie sich unsere Beziehung entwickelt hat. Und eben auch, dass das Reisen daran schuld ist. Er aus Deutschland, ich aus der Schweiz, getroffen in Nicaragua. Und nun reisen wir zu viert. Oder wir würden zu viert reisen, wenn wir denn könnten.

Was hat mir das ganze Reisen eigentlich gebracht?

Unterwegs in der Schweiz.

Es sind also eine ganze Menge an Momenten und Erlebnissen, die mir das Reisen beschert hat. Würde ich noch länger an diesem Artikel sitzen, würde ich wohl noch weiter schwärmen. Ich überlege mir also auch:

Was hat mir das ganze Reisen eigentlich gebracht – im negativen Sinne?

Während ich nur so in die Tasten haue wenn ich von den positiven Seiten schreibe, ertönt kein Klimpern der Tastatur, wenn es um die negativen Sachen geht. Ich muss mich da echt voll anstrengen… Gibt’s da überhaupt was?

Ich kann durchaus Dinge aufführen, wie einen unsteten Lebenslauf, verpasste Geburtstage oder verprasstes Geld. Aber das wären dann alles gesuchte Sachen, die ich wirklich nicht als etwas Negatives wahrnehme und jederzeit wieder in Kauf nehmen würde.

Mein Fazit

Es gibt wahrscheinlich nichts, was mich in der Summe so sehr beeinflusst hat, wie meine Reisen. Was es mir gebracht hat? Alles! Alles Gute in meinem Leben resultiert aus meinen Reisen. Mein Mann, meine Kinder, mein Blog, meine Freundschaften, meine Entwicklung – das alles habe ich meinen exzessiven Reisen zu verdanken.

Und auch in Zeiten wie diesen, wo das Reisen zwangsläufig hintenanstehen muss und nicht möglich ist, zehre ich von meinen Erlebnissen. Egal wie lange die schon her sind, ich kann sie immer wieder hervorholen und die damit verbunden Gefühle hochleben lassen. Ich kann mich meinen Tagträumen hingeben und in eine Welt eintauchen, die so schon lange vorbei ist, die sich aber tief in mich eingebrannt hat. Ich vergesse nichts und schon gar nicht all diese wundervollen, aufregenden und verrückten Zeiten auf Reisen.

Und so beantwortet sich auch meine Eingangsfrage: Will ich so weitermachen? Ja! Ein ganz klares Ja von mir!

Ich will sogar noch viel mehr. Ich will wieder Reisen und zwar weiter als nur ins Nachbarland. Schon jetzt haben wir Pläne, die wir mit unseren Kindern verwirklichen wollen. Im Ausland reisen, arbeiten und leben. Ebenso träumen wir schon von der Zeit, in der wir wieder alleine unterwegs sein werden. Ein paar Monate mit dem Auto durch Afrika? Endlich mal ein Jahr in der Südsee verbringen? Den Segelschein machen? Oder endlich, endlich meinen Traum wahr werden lassen und nach Hawaii ziehen? Stay tuned. Es kommt alles noch und ja, es wird spannend. Wie immer.

Und nun verrate du mir: Was hat dir das Reisen gebracht?

Willst du weiterlesen und wissen, wovon ich eigentlich die ganze Zeit rede? Dann habe ich ein paar Vorschläge für dich:

Über die/den Autor/in

Früher als soloreisende Backpackerin, bin ich heute am liebsten mit der ganzen Familie unterwegs. Ich lebe, reise und arbeite auf der ganzen Welt und geniesse es, Jürgen und unsere Kids immer mit dabei zu haben. Mein Herz schlägt für Hawaii, Kryptowährungen und Schokoladeneis. Mein Ziel ist finanzielle Freiheit für mich und meine Familie.

5 Kommentare

  • Step
    8. November 2020 um 14:22

    Du hast die Frage zumindest für mich genau in diesem Artikel schon kurz und prägnant beantwortet…..Alles.

    Antworten
  • Renate
    22. Dezember 2020 um 22:45

    Liebe Sarah,
    ich vermisse das Reisen auch ganz furchtbar. Dann habe ich das Gefühl, mir läuft die Zeit davon. Es gibt noch so viele Plätze, die ich gerne sehen würde. Wenn das erst in einigen Jahren wieder möglich sein wird, wird das aber knapp für mich. Egal wie anstrengend es vielleicht war, ich habe jede meiner Reisen genossen. Sie haben mich zu dem Menschen gemacht, den ich heute bin.

    Liebe Grüße
    Renate

    Antworten
  • Olivia
    6. Januar 2021 um 17:31

    Sehr schöner Beitrag und das kann ich alles uneingeschränkt unterschreiben! Hoffen wir, dass sich die Reisesituation für uns alle im Laufe des Jahres wieder bessern wird!
    Viele Grüße!
    Olivia

    Antworten
    • Sarah Althaus
      6. Januar 2021 um 20:35

      Das hoffe ich auch sehr! Mein Fernweh ist langsam unerträglich!

      Antworten

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