Farbenfrohe Souks, süsser Minztee und ein Hauch 1001 Nacht – ist das Tanger, die Hafenstadt im Norden von Marokko? Nein, überhaupt nicht. Tanger widerlegt so manches marokkanische Klischee…
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Auf unserem Roadtrip durch Andalusien machen wir Halt im schönen Tarifa und gönnen uns ein paar Tage Ruhe – was alles seine Gründe hat – mehr dazu im Artikel über Tarifa. Hier liegen nur ein paar Kilometer zwischen dem spanischen und dem marokkanischen Festland. Für uns ist klar, dass wir uns einen Abstecher nach Afrika nicht entgehen lassen.
Es sollte nun meine dritte Reise – auch wenn diesmal nur 24 Stunden – nach Marokko werden. Ich glaubte zu wissen was mich erwartet. Mit 19 Jahren bin ich mit Interrail von der Schweiz, über Frankreich und Spanien nach Marokko gereist. Viel später habe ich einen Surfurlaub in Taghazout mit einem Städtetrip nach Marrakesch verbunden. Bei meiner Interrail Reise habe ich die grossen Städte des Landes kennengelernt. An Tanger mochte ich mich jedoch nicht mehr so genau erinnern, nur noch einzelne Bilder hatte ich im Gedächtnis. Umso mehr war ich nach diesen 24 Stunden in der Hafenstadt überrascht…
Tanger, irgendwie anders
Auf den ersten Blick ist Tanger eine moderne marokkanische Stadt. Die Stadt ist vom Fährhafen einfach zu Fuss zu erreichen und auch mit Kinderwagen haben wir kein Problem die Strasse zu überqueren. Der Strassenverkehr verläuft für mein Empfinden ziemlich gesittet und ohne dass wir oft angesprochen werden erreichen wir unser Hotel in der Altstadt. Huch, und wo kann ich jetzt Klischees füttern?
Wir merken schnell, dass Tanger anders ist. Durch die Nähe und die einfache Erreichbarkeit des spanischen Festlands ist die Stadt durchaus europäisch geprägt. Die Kleiderordnung ist etwas lockerer als andernorts in Marokko und europäische Touristen sind ein gängiges Bild. Tanger ist ein perfekter Einstieg für alle die Marokko das erste Mal besuchen. Die Stadt hat für europäische Augen, Ohren und Nasen genügend Exotik und Flair, ohne dass es jedoch anstrengend wirkt.
Als ich in den Souks Ruhe fand
Wie überall in Marokko ist das Zentrum die Medina, die Altstadt. Hier findet das Leben statt, das Gewusel der Menschen, der Märkte, die Verschmelzung verschiedener Düfte, alles findet sich in der Medina. Das Flanieren in den Souks von Tanger ist ein Vergnügen. Es bieten sich uns stimmungsvolle Bilder und wir entdecken in jeder Ecke wieder neues. Einzig durch den Fleischmarkt muss ich nicht mehr schlendern. Das habe ich mittlerweile zur Genüge gesehen und lasse es aus.
Eine wirklich überraschende Erkenntnis für mich ist das Reisen als Familie in Marokko. Den Unterschied habe ich schon an unterschiedlichen Orten wahrgenommen, aber in Tanger ist die Erfahrung gravierend. Während ich bis jetzt alleine oder zu zweit durch Marokko gereist bin wurde ich oft angesprochen oder es wurde mir nachgepfiffen (oder geschnalzt – was auch immer). Mir war das eigentlich egal, resp. ich hatte mich damit arrangiert, da ich Profi im Ausblenden bin. Ich kann durchaus in meiner eigenen Welt leben und auch so durch den Alltag gehen. Daher war das für mich nie ein grosser Störfaktor. Dennoch war mir natürlich bewusst, dass ich überall die Aufmerksamkeit auf mich zog.
Mit Familie: ganz anders. Ich habe festgestellt, dass sich kein Mann mehr für mich interessiert. Alle haben nur eine gesehen: Mein Baby. Die Marokkaner sind ausserordentlich kinderlieb und haben mein Töchterchen vergöttert. Überall wurde mit ihr geschäkert, gelacht und gespielt und ich wurde kaum beachtet. Eine ganz neue Erfahrung in Marokko! Mit Baby bin ich wohl einfach nicht mehr interessant und ich kann überall in Ruhe hinlaufen, ohne dass es jemanden interessiert. Herrlich!
Rundgang durch die Kasbah
Ein ganz spezieller und für mich wirklich überraschender Teil der Medina ist das Kasbah Viertel. Die alte Festungsanlage innerhalb der Medina muss aber erst erklommen werden. Sie liegt auf einer Anhöhe, von welcher wir immer wieder schöne Ausblicke über die Stadt haben. Wir geniessen das Schlendern durch die Kasbah. Es ist ein wunderschönes Viertel mit kleinen Gassen und farbenfrohen Häusern. Wir finden einige kleine Läden, viele davon sind Kunstshops mit hochwertigen Gemälden oder Handwerkskunst.
Es gibt hier auch einige wirklich schöne Cafés und Restaurants zu finden. Wir haben den Salon Bleu besucht, das sich bereits wegen der Aussicht lohnt. Es ist klein, aber fein und perfekt um die Abendstimmung mit Blick aufs Meer zu geniessen. Sehr zu empfehlen. Adresse: 71 Rue Amrah Kasbah
Tanger ist im Vergleich zu anderen Städten in Marokko ein eher ruhiges Pflaster und eignet sich gut, um erste Marokko Luft zu schnuppern. Vor dem Besuch der Stadt sind wir aber alle auf der Suche nach Antworten nach denselben Fragen. Einige davon habe ich hier versucht zu beantworten.
Wie komme ich von Tarifa nach Tanger?
Es gibt täglich mehrere Fährverbindungen*. Die Überfahrt dauert eine halbe Stunde, ist aber teuer. Für Hin- und Rückfahrt musst du rund 80 Euro kalkulieren. Auf der Fähre gibt’s ein einfaches Restaurant mit Snacks und Getränken.
Wo erhalte ich in Tarifa das Ticket für die Fähre?
Direkt am Hafen lassen sich Tickets für die Überfahrt besorgen. Es gibt verschiedene Reisebüros, die eigentlich alle zum selben Preis die Tickets verkaufen.
Welche Einreisebestimmungen gelten, resp. was muss ich beachten?
Für EU-Bürger und Schweizer gilt eine visumfreie Einreise für sechs Monate. Auf der Fähre findet sich die Passkontrolle gleich neben dem Restaurant. Ich empfehle, gleich zu Beginn in die Schlange zu stehen die sich bildet. Ansonsten stehst du die ganze Überfahrt für deinen Stempel in den Pass an.
Wie komme ich vom Hafen in die Stadt?
Du musst kein Taxi oder Bus nehmen, sondern kannst ganz einfach laufen. Natürlich kommt es darauf an wo du hinwillst, aber als Tourist willst du wahrscheinlich in die Altstadt und die erreichst du ganz einfach zu Fuss.
Wo übernachte ich am besten?
Ich kann das Hotel Dar Souran mitten in der Medina empfehlen. Ein schönes Riad, welches aufmerksam geführt wird. Die Zimmer sind sehr gross und sauber und geschmackvoll eingerichtet. Auf der Dachterrasse mit Blick auf die Stadt und das Meer wird jeweils das Frühstück serviert. Die Zimmer kosten 90-100 Euro.
Wie warm wird es in Tanger und welches ist die beste Reisezeit?
Das Klima ist grundsätzlich ähnlich wie in Europa mit warmen Sommern um die 30 Grad und Winter irgendwo zwischen 9 und 17 Grad. Wer auch baden will ist in den Sommermonaten gut bedient. Ich finde November als Reisezeit optimal. Wir sind zwar tagsüber mit Jacke rumgelaufen und hat zwischenzeitlich auch geregnet. Die meiste Zeit durften wir aber Sonnenschein bei rund 18 Grad geniessen und die Stadt verzeichnet nicht so viele Besucher wie im Sommer.
Was muss ich unbedingt gesehen haben?
Wie bereits beschrieben, hat mir das Viertel Kasbah am besten gefallen. Es ist wunderschön und sehr entspannend. Des weiteren darfst du natürlich die Medina, die Altstadt, mit all ihren Märkten nicht verpassen. Lasse dich treiben, schau dir die Auslagen an und nicht vergessen: Immer Handeln, wenn du etwas kaufen willst.
Kann ich in Tanger auch baden?
Ja, Tanger hat Badestrände nahe der Stadt, die vor allem im Sommer von Bedeutung sind. Oben-Ohne Baden ist aber verboten.
Gibt es Kleidervorschriften die ich befolgen sollte?
Tanger hat eine starke Verbindung zu Europa. Durch die Zuwanderung der letzten Jahre ist die Stadt jedoch auch wieder konservativer geworden. Du brauchst nichts Spezielles zu beachten, aber wie in ganz Marokko empfehle ich dir (egal ob Mann oder Frau) Hosen mindestens bis über die Knie und ein Shirt mit Ärmeln. Ich fühle mich mit langen Kleidern jeweils am wohlsten.
Welches Andenken kann ich mitnehmen?
Unzählige! In Tanger im Souk gibt es so viele wunderbare Dinge zu erstehen! Teppiche, Stoffe, Tee-Sets, Gewürze und noch vieles mehr, was dein Herz oder deine Wohnung begehrt.
Wo gibt es die schönste Aussicht über die Stadt?
Auf einer Dachterrasse eines Riads oder eben im Restaurant Salon Bleu in der Kasbah. Hier kannst du einen wunderbaren Blick über die Stadt und das Meer geniessen.
Wo bekomme ich am meisten vom einheimischen Leben mit?
Definitiv mitten im Souk, im Petit Socco oder Grande Socco. Sehr interessant ist es aber auch, wenn du dich von der Altstadt entfernst und in die eher neueren Viertel der Stadt gehst. Dort kaufen dann wirklich die Bewohner der Stadt ein, feilschen um Haushaltsgegenstände und spielen die Kinder.
Was möchtest du noch wissen zu Tanger? Stelle deine Frage in der Kommentarfunktion, dann nehme ich sie gerne hier in den Text auf!
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12 Kommentare
Step
16. März 2019 um 15:05Ja stimmt, Tanger ist sehr europäisch, ich fühlte mich fast wie in Spanien drüben. Wobei ich von Marokko insgesamt sehr positiv überrascht war, was die Aufdringlichkeit betrifft. Der einzige Platz, wo die Leute wirklich anstrengend wurden, war der Djemaa el Fna in Marrakesch, das ist aber wohl auch der touristischste Platz des ganzen Landes. Ansonsten konnte ich überall unbehelligt herumspazieren, dass man beim Schlendern über Soukhs hin und wieder ein “look at my shop” hört, ok, aber wenn man mit freundlichem Lächeln weitergeht bekommt man eigentlich ein genauso freundliches zurück. Also nicht zu vergleichen mit Ägypten, wo mir die Leute extrem auf die Nerven gingen und sie keine Gelegenheit ausließen, zu versuchen, uns übers Ohr zu hauen. Auch war Marokko im Vergleich viel sauberer und besser organisiert – nachdem ich von Westafrika nach Marokko gekommen war, kam mir das Land dann sogar extrem modern und gut entwickelt vor. Gut, dass sich die marokkanischen Männer auch ohne Kind nicht für mich interessieren, akzeptiere ich ohne große Bauchschmerzen 🙂 Summa summarum war Marokko eine tolle Erfahrung, und Tanger als moderne und Europa sehr nahe Stadt ein schöner Teil davon….
Sarah Althaus
22. März 2019 um 7:25Mir gefällt Marokko auch gut, soweit in allen Teilen die ich besucht habe. Je nach dem kann es als Frau natürlich schon sehr anstrengend werden – etwas, was Männer halt kaum nachfühlen können, da sie von solchen Erfahrungen verschont werden. Aber glücklicherweise habe ich meine eigene kleine Welt in der ich den Rest ignorieren kann. 🙂
Ich kann mir gut vorstellen, dass wenn man direkt aus anderen afrikanischen Ländern nach Marokko reist, das Land als top modern empfindet. Solche Erfahrungen habe ich in Südamerika auch schon gemacht.
Mathias
23. Juni 2021 um 10:02Als junger europäischer Mann in Asien (vor allem China) geht es einem nicht viel anders, wenn auch sicherlich nicht so penetrant. Und nein, ich spreche hier natürlich nicht von zwielichtigen Bezirken, Brachen etc.
Christiane Kulbe
18. März 2019 um 8:03Ich liebe Marokko, ob tosende Atlantikküste, Taghazout, das Server paradise, das herrliche Paradise Valley bei TAMRI, Quarzzazat und seine Wüstenoasen, das Reiten auf den Wüstenschiffen bei M’hamit, die wunderbar gejegene Stadt Fes zwischen Riffgebirge und mittlerem Atlas, die Stadt der Extreme Casablanca, die Stadt des Windes Essouira mit dem urigen Hafen,das Essen aus Tajinen, die Souks in den Medinas von Marrakesch, Meknes, Agadir, das Schafen in den herrlichen Betten der Riads, die freundlichen Menschen, teils mit Turbanen, die Gerüche des Essens, der Gewürze und überhaupt. Bekannte aus Deutschland haben im TAMRI ein Haus erworben. Dort können mein Mann und ich manchmal sein. Wie wunderbar!!! Danke dem Schicksal, dieses wunderbare Land noch weiter entdecken zu dürfen.
Sarah Althaus
22. März 2019 um 7:27Marokko bietet in der Tat sehr viel interessantes und ich habe erst ein Bruchteil davon entdeckt. Schön, dass es dir so gut gefällt und du durch das Haus deiner Bekannten immer wieder hinreisen kannst. Viel Vergnügen weiterhin!
hans
21. Juni 2019 um 13:09hallo,
gefällt mir sehr gut, danke für diesen bericht.
ist tanger (altstadt) auch kinderwagentauglich?
grüße
Sarah Althaus
22. Juni 2019 um 9:16Du kannst tatsächlich in den meisten Teilen der Stadt – auch in der Altstadt – mit Kinderwagen unterwegs sein. Wir hatten immer den Buggy dabei und das ging eigentlich problemlos.
Ilona Ruggle
21. Dezember 2019 um 18:31Marokko ist ein wunderschönes, sehr vielseitiges Land, bzgl. Natur, Gegenden und Menschen. Sieben Jahre habe ich in Marokko gelebt, als ich noch relativ jung und frisch war. Belästigt wurde ich nie, dies hat wohl auch damit zu tun, dass ich nebst Französisch mich auch ein bisschen mit der arabischen Sprache versucht habe, was immer – wenn auch völlig falsch von mir gesprochen – sympathische Reaktionen hervor rief. Ausserdem ist ein diskretes Erscheinungsbild ein muss. Es gibt wunderschöne Djellabas für Frauen zu tragen. Sehr oft habe ich mich als sog. weisse Frau geschämt wenn ich diese Frauen mit Shorts und grossem Ausschnitt und penetrantes benehmen sehen musste. Nebst Tanger lohnt sich auch eine kurz Visite in Asilah wo sich einheimische Künstler nieder gelassen haben und das Städtchen bemalt haben. Es gibt so viel zu sehen in diesem wunderbaren Land, man sollte sich einfach bewegen. Chefchauen, Fés, Meknes und und und
Christina
7. Oktober 2023 um 17:57Hallo! Wir reisen gerade durch Spanien und erreichen Tarifa in den nächsten Tagen. Unser Tonangeber ist 11 Monate alt. Muss man etwas beachten für Babies? impfungen?? Ist es komplett unbedenklich?
Liebe Grüße
Sarah
16. Oktober 2023 um 20:02Liebe Christina, bitte informiere dich bezüglich Impfungen deines Kindes direkt bei der Ärztin/dem Arzt deines Vertrauens. Sie können dich besser beraten als ich, was für deinen Kleinen am besten ist. Lieben Dank und viel Vergnügen in Marokko.
Gesa
1. April 2024 um 20:04Hallo Sarah, habt Ihr Euren Mietwagen während dem Ausflug nach Tanger in Tarifa gelassen? Vielen Dank und lg
Sarah
2. April 2024 um 8:37Heyy, ja, wir haben den Mietwagen in Tarifa gelassen. Viel Vergnügen!