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Eine Backpackerin reist um die Welt – im Interview mit Melanie

Eine Backpackerin reist um die Welt - im Interview mit Melanie

Den Job kündigen, den Rucksack packen und die Welt bereisen – genau das hat Melanie gemacht. Sie ist mir Rede und Antwort gestanden, hat von ihren Erfahrungen und Abenteuern erzählt. Dazu gehört auch das plötzliche Ende der Reise durch das Corona Virus.

Auch ich war auf Weltreise – für fast zwei Jahre. Im Vorfeld meiner Reise habe ich damals Erfahrungen von anderen Backpackern gesucht. Von ganz normalen Menschen wie mir, die mit dem Rucksack um die Welt reisen. Ganz oft fand ich aber nur exotische Geschichten, Leute die sich im Dschungel aussetzen liessen, mit dem Einrad um die Welt gefahren sind oder barfuss eine Wüste durchquert haben – verrücktes Zeugs eben.

Daher freue ich mich, dass mir Melanie hier von ihren Erfahrungen als Backpackerin auf Weltreise berichtet. Und natürlich auch, weil ich sie schon seit vielen Jahren kenne.

Melanie, erzähl doch mal kurz wer du bist und was dich zu einer Weltreise bewogen hat.

Ich bin Melanie und komme aus Bern. Als ich 29 Jahre alt war, bin ich das erste Mal etwas länger gereist und habe während 5 ½ Wochen Chile, Bolivien und Peru kennengelernt. Seit dieser Reise war mir klar, dass ich auch mal für ein paar Monate unterwegs sein möchte. Als ein paar Jahre später mein Pferd verstorben ist wusste ich, dass jetzt der richtige Zeitpunkt da war. Im September 2019 startete mein Abenteuer. Geplant war eine Reise bis Mai 2020.

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Darf ich vorstellen? Das ist Melanie.

Wie ist deine Route zu Stande gekommen?

Meine Route war Kirgistan – Sri Lanka – Nepal – Singapur – Sydney – Cook Islands – Patagonien – danach Südamerika von Süden nach Norden ohne fixen Plan.

Meine Route wirkt auf den ersten Blick vielleicht etwas seltsam. Auf einer früheren Reise habe ich die Mongolei bereist und ich wollte mit Kirgistan ein von der Natur her ähnliches Land sehen. Ich wurde nicht enttäuscht, die Natur ist wunderschön. Einzig das fleischlastige Essen war nicht so meins. Danach habe ich Sri Lanka und Nepal bereist, wo ich den Annapurna Trek gemacht habe.

Auch Sarah ist schon ums Annapurna Massiv getrekkt! Hier gibts den ganzen Erfahrungsbericht….

In Singapur habe ich nur einen kurzen Zwischenstopp eingelegt, bevor ich weiter auf die Cook Islands geflogen bin, um damit eines der Strandziele schlechthin kennenzulernen. Danach habe ich in Sydney eine Freundin besucht. Schlussendlich folgte mit Südamerika mein Herzenskontinent.

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Kirgistan kann auch ganz anders als nur Klischeebilder…

Wie hast du dich auf deine Reise vorbereitet?

Eigentlich wollte ich alles selbst organisieren. Da mir nebst Arbeit und Freizeit die Zeit dazu gefehlt hat, habe ich meine Flüge von einem kleinen Reisebüro buchen lassen.

In Kirgistan und Sri Lanka habe ich einen Fahrer gebucht. In Sri Lanka habe ich dies vor allem aus Sicherheitsbedenken gemacht, weil mir doch einige Frauen von negativen Erfahrungen mit Männern dort berichtet haben. Das Trekking in Nepal habe ich mit einer Gruppe unternommen.

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In Kirgistan.

Material hatte ich bereits alles von meinen vorherigen Reisen. Das Packen war zwar herausfordernd, da auf meiner Reise so ziemlich jede Klimazone dabei war. Schlussendlich war ich mit einem Rucksack mit 19 Kg unterwegs. Meinen Eltern habe ich eine Generalvollmacht ausgestellt, Zugriff auf meine Konten gegeben und sie haben meine Post verwaltet.

Meinen Job habe ich gekündigt und meine Wohnung untervermietet.

Hier gibts alles, was du für deine Weltreisevorbereitung wissen musst.

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Auf dem Annapurna Trek in Nepal.

Du warst als Frau alleine unterwegs. Hast du davor Respekt gehabt und wie bist du mit dem Thema Sicherheit umgegangen?

Ich war bereits in den letzten Jahren einige Male alleine unterwegs. Ich bin gross und blond. Da falle ich bereits auf den ersten Blick als Ausländerin auf.

Wie bereits gesagt, hatte ich vor allem bei Sri Lanka Respekt. Auf all meinen Reisen habe ich aber nie schlechte Erfahrungen gemacht. Trotzdem liest oder hört man aber von anderen Erfahrungen und ist entsprechend darauf sensibilisiert.

Ich erkundige mich jeweils vor Ort bei der Ankunft im Hostel, ob es Gegenden gibt, die ich meiden sollte. Ich hatte aber auch das Gefühl, dass mehr Frauen allein reisen als Männer. Ich weiss nicht, ob das tatsächlich der Wahrheit entspricht oder ob es meine subjektive Wahrnehmung ist. Grundsätzlich denke ich, dass es wichtig ist auf sein Bauchgefühl zu hören und nicht ängstlich durch die Gegend zu spazieren.

Hier findest du weitere Tipps zur Sicherheit auf Reisen.

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Strandleben auf den Cook Islands.

Erzähl doch ein bisschen von den letzten Monaten. Welches war zum Beispiel ein herausragendes Erlebnis?

Da gibt es einige Highlights meiner Reise. Eines zum Beispiel war die Passüberquerung des Thorong La in Nepal. Als ich morgens um vier Uhr auf 3’600 Meter gestartet bin, um dann den Pass auf 5’416 Meter zu überqueren, ist schon ein ganz spezielles und emotionales Erlebnis.

Oder auch mit einem Cargo Schiff vier Tage auf dem Meer in Chile von Puerto Montt nach Puerto Natales unterwegs zu sein und die sich wechselnde Landschaft zu sehen, war sehr eindrücklich.

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Mit dem Cargoschiff unterwegs in Chile.

Manchmal waren es auch nur ganz kleine Erlebnisse. Ich war in Puerta Varas in Chile unterwegs im öffentlichen Bus, um die Wasserfälle von Petrohúe und den Vulkan Osorno zu sehen. Unterwegs hat sich das Wetter gebessert und der Vulkan war mit einer perfekten Wolke umrundet. Da hat der Busfahrer sogar einen extra Fotostopp eingelegt.

In Kirgistan war in Talas die Eröffnung der Nomad Games. Da es praktisch keine Touristen an diesem Festival hatte, wurden meine Freundin und ich dann gleich fürs kirgisische Fernsehen interviewt. An der Eröffnung der Nomad Games im September haben wir vier Deutsche getroffen, die die einzigen anderen Touristen waren. Und, die Welt ist klein, drei davon habe ich Anfang März in meiner Unterkunft in der Salar de Uyuni wieder getroffen.

Ein kurioses Erlebnis hatte ich in Sydney. Ein Jogger hat mich im Park gefragt, ob ich ihm bei einer Fitnessübung helfen kann. Klar, warum denn nicht? Er hat sich auf den Rücken gelegt und ich sollte ihm dann auf den Bauch rumtreten. 2x je 3 Minuten, für sein Bauchmuskeltraining.

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Busstopp, um den Vulkan Osorno zu sehen.

Länder vergleichen bringt nicht viel und ist unmöglich. Aber hat es dir irgendwo ganz besonders gut gefallen und warum?

Da hast du zu Recht. Diese Frage wurde mir schon mehrmals gestellt. Mir gefällt es auch nicht Länder gegenüber zu stellen. Wie kann man als Beispiel die Berge in Nepal mit den Stränden auf den Cook Islands vergleichen?

Ganz besonders wohl gefühlt habe ich mich in Argentinien. Ich war im Ganzen zweieinhalb Monate dort. Das Land ist sehr vielfältig, von der südlichsten Stadt Ushuaia, den Gletschern wie zum Beispiel der Perito Moreno, der Schweiz Argentiniens in Bariloche, den Weingebieten von Mendoza oder der Region Salta und Jujuy mit seinen farbigen Gesteinen.

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Melanie in Ushuaia, Argentinien.

Ich war vor allem auf der westlichen Seite von Süden nach Norden in Argentinien unterwegs. Aber es gäbe noch viel mehr zu entdecken. Auch habe ich hier zwei Reisepausen gemacht, da es mir besonders gut gefallen hat. Ich war vier Wochen in Bariloche, davon drei in einer Spanischschule, um meine Kenntnisse nochmals zu festigen. Zwei Wochen habe ich in San Rafael bei einem argentinischen Paar verbracht, welches Ferienunterkünfte vermietet. Es waren ausschliesslich einheimisch Reisende, wodurch ich die Kultur des Asado und des Mate täglich hautnah miterlebt habe. Ebenfalls waren immer wieder Freunde und Familie zu Besuch.

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Wunderschönes Argentinien!

Hat dich deine Weltreise auf irgendeine Art verändert?

Ich denke eher, dass mich das Reisen in den letzten 10 Jahren verändert hat, als dass es jetzt im Speziellen diese Reise war. Früher hatte ich viel mehr im Kopf “Was ist denn wenn…?”. Noch vor 10 Jahren hätte ich nie einfach den Job gekündigt und wäre auf eine Weltreise gegangen. Ich hätte tausend Fragen im Kopf gehabt. Was passiert unterwegs? Und wenn ich überfallen werde? Was mache ich, wenn ich zurückkomme und keinen Job finde? Heute lebe ich eher nach dem Motto: ‘Everything will be ok in the end. If it’s not ok, it’s not the end.’ Der Spruch ist nicht von mir, aber sehr treffend.

Und seit ich wieder zu Hause bin ist mir aufgefallen, wie viele Sachen ich besitze. Ich fühle mich damit überfordert und habe keine Lust, all die Dinge wieder in die Schränke zu räumen.

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Wildlife in Argentinien.

Welchen Tipp gibst du jemandem, der vor seiner Weltreise steht?

Es gibt sehr viele Reiseblogs. Am besten einfach die Tipps dort durchlesen. Man kann da sehr viel mitnehmen.

Die eigene Unterschrift einscannen kann ungemein helfen. Das war superpraktisch um meine Einwilligung für den Repatriierungsflug zu unterzeichnen. Gedacht war die Unterschrift eigentlich für Bewerbungen, welche ich von unterwegs einreichen wollte.

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Citylife in Sydney.

Das Ende deiner Reise kam durch das Corona Virus verfrüht. Ganz plötzlich musstest du aus Peru zurückfliegen. Wie hast du die Entwicklung der Situation unterwegs erlebt?

Ich habe die ganze Situation in Europa in den Medien mitverfolgt und das Ganze schrittweise realisiert. Wie viele habe ich zuerst an eine „etwas stärkere Grippe“ gedacht und fand die Massnahmen übertrieben.

Am 14. März 2020 startete ich das 4-tägige Lares Trekking zum Machu Picchu. Am 15. März 2020 wurde dann der Lockdown für am 16. März um Mitternacht angekündigt. Da wir zu dieser Zeit offline waren, haben wir dies erst am nächsten Tag erfahren.

Wir wurden zurück nach Cusco gebracht, wo es bereits Strassenkontrollen gab. Ich wusste zwar zu diesem Zeitpunkt, dass ich meine Reise für mindestens zwei Wochen unterbrechen musste, aber ich habe immer noch nicht realisiert, dass es das Ende meiner Reise sein sollte. Hierzu habe ich dann nochmals zwei bis drei Tage gebraucht.

In meinem Hostel war noch ein spanisches Paar, eine Brasilianerin, ein Kolumbianer, ein Argentinier und der Hostelbesitzer aus Lima. Das Hostel konnten wir nur zum Einkaufen verlassen. Im gedeckten Innenhof haben wir täglich eine Stunde Sport gemacht, Monopoly gespielt (das einzige Spiel was vorhanden war) oder Filme auf Netflix geschaut. Ebenfalls konnte ich so täglich meine Spanischkenntnisse trainieren.

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Der berühmte Gletscher Perito Moreno in Argentinien.

Wie war die ungewöhnliche Rückreise für dich?

Die Rückreise war natürlich ganz anders als ursprünglich geplant. Nach zwei Wochen in Quarantäne in meinem Hostel, konnte ich mit einer Bestätigung vom Konsulat die Reise zum Busbahnhof von Cusco antreten. Der Busbahnhof war drei Kilometer von meinem Hostel entfernt. Wegen der Kontrollen war ich aber etwas nervös und hatte mir bereits zwei Stunden früher ein Taxi bestellt. Am Busbahnhof wurden wir mit zwei Metern Abstand aufgereiht und nach der Fieberkontrolle in vier Busse verteilt. Die Organisation der Schweizer Botschaft war perfekt und es wurde an alles gedacht. Neben einem Snackpaket war sogar eine Rolle Toilettenpapier auf dem Sitz bereit.

Über Nacht fuhren wir Richtung Lima. Als es in den frühen Morgenstunden einen lauten Knall gab, habe ich im ersten Moment nicht realisiert, was gerade passiert war. Dann sah ich, dass die Frontscheibe des Buses weg war, ein grosser Stein im Gang des Buses lag und um mich herum Scherben verstreut waren. Wir hatten einen Unfall. Der Busfahrer sowie 2 Touristen mussten ins Krankenhaus, mir ging es zum Glück gut.

Am Abend erreichten wir das Hotel und am nächsten Tag wurden wir zum Militärflughafen von Lima gebracht, wo ein Flugzeug der Airline Edelweiss auf uns wartete. Nach einer Ansage des Schweizer Botschafters und einem lauten Applaus der Passagiere, ging es Richtung Zürich. Einen ebenso lauten Applaus gab es nochmals bei der Landung in Zürich.

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San Rafael, Argentinien.

Wie geht es dir jetzt zu Hause? Bist du mental wieder da und welches Gefühl hinterlässt diese Reise?

Mental bin ich wieder da, auch wenn es eigentlich ganz anders geplant gewesen war. Dass ich die Reise abbrechen musste, ist für mich in Ordnung. Wahrscheinlich sollte ich traurig sein, aber ich bin es nicht. Ich bin dankbar für die 6,5 Monate, welche ich erleben durfte.

Ich bin zurück in meiner Wohnung und dank meiner Terrasse und dem grossartigen Wetter, kann ich den Frühling geniessen. Nach Ablauf meiner Selbstquarantäne bin ich auch zum ersten Mal wieder Reiten gegangen. Dies ist nach wie vor möglich, wenn der erforderliche Abstand eingehalten wird.

Allerdings ist es seltsam meiner Familie und meinen Freunden zur Begrüssung nur zuzuwinken. Nach einer so langen Zeit ist es doch sehr ungewöhnlich, nicht einfach alle umarmen zu können. Aber ich bin sehr dankbar, dass wir mit dem sanften Lockdown in der Schweiz überhaupt die Möglichkeit haben uns zu sehen.

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Erinnerungen an El Chalten, Argentinien.

Wie sehen deine Pläne aus?

Bevor ich mir einen neuen Job suche, will ich jetzt erstmal die Schweiz geniessen, auch wenn das jetzt mit Einschränkungen verbunden ist. Zukünftig will ich mit einem 80%-Pensum etwas reduziert arbeiten und längerfristig eine Weiterbildung angehen.

Das Reisen wird auch zukünftig eine grosse Bedeutung für mich haben, aber jetzt wieder im Rahmen der üblichen Urlaubstage.

***

Vielen Dank, liebe Melanie, für den Einblick in deine Reise und deine Erlebnisse!

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Über die/den Autor/in

Früher als soloreisende Backpackerin, bin ich heute am liebsten mit der ganzen Familie unterwegs. Ich lebe, reise und arbeite auf der ganzen Welt und geniesse es, Jürgen und unsere Kids immer mit dabei zu haben. Mein Herz schlägt für Hawaii, Kryptowährungen und Schokoladeneis. Mein Ziel ist finanzielle Freiheit für mich und meine Familie.

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