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Blaues Feuer und der härteste Job der Welt auf dem Vulkan Ijen

Blaues Feuer und der härteste Job der Welt auf dem Vulkan Ijen

Das Highlight des Besuches auf der Insel Java stand für mich schon zum vornherein fest: Der Vulkan Ijen. Und er hat mich nicht enttäuscht. Es gibt viele Vulkane in Java, alle sind sie anders und auf ihre ganz eigene Art und Weise speziell. Aber der Ijen nimmt eine besondere Stellung ein, denn hier kann man direkt in den Schlund laufen, einen Schwefelsee bestaunen und Männer bei einem der härtesten Jobs der Welt beobachten.

Wir starten den Aufstieg zum Vulkan morgens um 2 Uhr. Es ist dunkel und es regnet. Zwar nicht in Strömen, aber stetig und ohne Pause. Schönes Wetter wäre zwar wünschenswert, aber die Nebelsuppe verleiht dem Aufstieg etwas mystisches. Im Schneckentempo gehts nach oben, der Aufstieg ist kräftezehrend und da ich die Tage vorher durch eine Magenverstimmung weder gegessen noch getrunken habe, setzt mir der Aufstieg sehr zu. Schritt für Schritt gehts vorwärts, ganz langsam.

Das blaue Feuer auf dem Vulkan Ijen

Unserer Vierergruppe ist lange nicht die einzige, die auf den Ijen pilgert. Eine lange Kolonne von Touristen schlängelt sich mit Stirnlampe den Weg zum Vulkan herauf. Nach anderthalb Stunden sind wir oben angekommen und sehen erstmals: nichts. Es ist ja immer noch Nacht und dunkel. Hier gehts auch gleich weiter, denn schliesslich sind wir hier um das blaue Feuer zu sehen. Es geht hinab in die Caldera. Auf einem rutschigen Trampelpfad gehts jetzt abwärts. Je weiter nach unten wir kommen, desto besser sehe ich das blaue Flackern. Zuerst ist es nur aus der Weite zu erkennen, doch dann plötzlich stehen wir davor – vor dem blauen Feuer des Ijen.

Es scheint, als würde der Vulkan Ijen brennen

Es ist ein gewaltiges Schauspiel, dieses Feuer. Es steht nicht still, verändert sich immer, flackert hoch auf und fällt dann wieder in sich zusammen, nur, um das ganze Schauspiel wieder von vorne zu beginnen. Das blaue Feuer, wie es hier genannt wird, ist eigentlich Schwefelgas. Es entzündet sich beim Kontakt mit der Luft und es schiessen meterhohe Flammen in die Luft, welche in der Nacht besonders beeindruckend aussehen.

Auf dem Vulkan Ijen in Indonesien

Wenn der Wind dreht, weht es Schwefelwolken zu mir die mich umhüllen. Urplötzlich fangen die Augen an zu tränen, der Hals brennt und es stellt sich das panische Gefühl ein, keine Luft mehr zu kriegen. Die Wolke verweht es schnell wieder, aber immer wieder wird eine in meine Richtung geschickt und schon bald macht sich meine Gruppe wieder an den Aufstieg auf den Vulkan. Leider können wir wegen dem Nebel die Aussicht nicht geniessen und können auf den riesigen Schwefelsee im Schlund des Vulkanes nicht sehen.

Aber etwas anderes erregt meine Aufmerksamkeit und bringt mich zum Grübeln und schlussendlich zum Nachforschen. Die Arbeiter. Es kommen mir immer wieder Männer entgegen, die hier arbeiten. Sie sind klein und dünn und sehnig. Ihre Haut sieht runzelig aus. Sie tragen Körbe auf den Schultern, die mit Schwefelblöcken gefüllt sind. Dieser wird hier unter schwierigsten Bedingungen abgebaut.

Arbeiter auf dem Vulkan Ijen in Indonesien

Die Arbeiter steigen in den Schlund des Ijen hinunter und brechen den Schwefel mit Eisenstangen. Dieser wird in Körbe gehievt, welche die Männer zuerst auf den Vulkan raufschleppen und dann 3 Km zur Verladestation hinunter. Eine Ladung ist bis zu 80 Kg schwer. Zwei Durchgänge schaffen sie pro Tag, pro Ladung verdienen sie um die 3-4 Euro.

Fakt ist, das hier auf dem Vulkan Ijen einer der giftigsten und gefährlichsten Arbeitsplätze der Welt ist. Die Gefahr für einen Unfall ist gross, ein falscher Tritt am Hang reicht schon aus und Knochen sind gebrochen. Krankenversicherung gibt es keine und ein Pause um die Brüche zu verheilen, liegt nicht drin. Die Männer die hier arbeiten kippen wegen den giftigen Dämpfen regelmässig um und verlieren für einige Momente das Bewusstsein. Nach ein paar Monaten im Vulkan sind Geschmacks- und Geruchssinn abgestorben. Ihre Lebenserwartung liegt 10 Jahre unter dem Durchschnitt der Bevölkerung Javas – bei 50 Jahren.

Schwefelblöcke, die im Vulkan Ijen abgebaut werden

Warum aber wird das hier unter diesen Bedingungen abgebaut? Es gibt doch viel einfachere Wege. Und wozu wird der Schwefel eigentlich benutzt?

Den grössten Teil kaufen Zuckerfabriken der Gegend, welche damit Zuckerrohr bleichen. Den Rest verbraucht die pharmazeutische und chemische Industrie in der Provinzhauptstadt Surabaya, zum Beispiel um Medikamente und Dünger herzustellen. Der Witz an der ganzen Arbeit ist eigentlich, dass sie völlig unnötig ist, denn: Schwefel ist ein Abfallprodukt aus der Erdgas- und Erdöldestillation, welches es im Überfluss gibt. Er könnte ganz billig von den Mülldeponien der Welt gekauft werden. Aber die Arbeiter in den Schlund des Vulkanes zu schicken, ist eben noch ein bisschen billiger.

Arbeiter auf dem Vulkan Ijen, der Körbe mit Schwefel schleppt

Die Männer haben kaum eine andere Wahl. Java ist mit über 140 Millionen Menschen überbevölkert, die Armut ist wie die Arbeitslosigkeit gross. Die Schwefelarbeiter sind in ihren Dörfern hoch angesehene Männer. Alle wissen, welch schwere Arbeit sie verrichten und: sie bringen Geld nach Hause. Obwohl der Verdienst praktisch nichts ist, ist es dennoch fünfmal mehr als beispielsweise ein Kaffeepflücker pro Tag verdient.

Der Besuch auf dem Vulkan Ijen bleibt mir in prägender Erinnerung. Einerseits wegen dem eindrücklichen Naturschauspiel und dem harten Aufstieg. Andererseits natürlich durch die Arbeit dieser unglaublich robusten und irgendwie auch verlorenen Männern, die hohes Ansehen geniessen und trotz diesem harten Job rauchend und singend den Schwefel vom Vulkan Ijen runterschleppen.

**Bärbel von Frau auf Reisen hat in ihrer Blogparade dazu aufgerufen, die schönsten vulkanischen Erlebnisse zu schildern. Der Besuch des Ijen war für mich unglaublich faszinierend und dank dem blauen Feuer wohl auch ein Erlebnis, das ich nicht so schnell vergessen werde. Daher nehme ich mit diesem Beitrag an der Blogparade teil.**

Über die/den Autor/in

Früher als soloreisende Backpackerin, bin ich heute am liebsten mit der ganzen Familie unterwegs. Ich lebe, reise und arbeite auf der ganzen Welt und geniesse es, Jürgen und unsere Kids immer mit dabei zu haben. Mein Herz schlägt für Hawaii, Kryptowährungen und Schokoladeneis. Mein Ziel ist finanzielle Freiheit für mich und meine Familie.

6 Kommentare

  • inka
    9. Juli 2014 um 13:10

    140 Millionen Menschen auf Java? Das hätte ich im Leben nicht gedacht! Und auch sonst: Sehr informativ, sehr traurig mal wieder zu hören, welche Unmenschlichkeiten wegen Billiglohn existieren. Danke für diesen informativen Beitrag!
    Lg /inka

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    • Sarah
      9. Juli 2014 um 13:24

      Ich war auch super überrascht, dass so viele Menschen auf Java leben. Mit 1000 Einwohnern pro Km² gehört Java zu den bevölkerungsreichsten Inseln der Erde. Aber wenn man bedenkt, dass allein in der Metropolregion Jakarta angeblich schon 28 Millionen Menschen leben, kann man sich es ein bisschen besser vorstellen.

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    • Oli
      12. Juli 2014 um 18:37

      Ich war ja nur in Ostjava, also dem am wenigsten besiedelten Teil der Insel. Und auch dort hat mich erstaunt, dass ich im Bus praktisch durchgängig durch Siedlungsgebiet fuhr. Es gab zwischen den einzelnen Ortschaften so gut wie nie leere Räume. Klar, hängt das mit der Route zusammen und in den Bergregionen ist das nicht so stark besiedelt. Aber überrascht hat mich das trotzdem.

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  • Jav
    22. Juli 2014 um 11:12

    […] Ijen ist ganz im Osten Javas zu finden. Er ist ein ganz besonderer Vulkan, bietet er doch nicht nur […]

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  • Bärbel Frau auf Reisen
    4. August 2014 um 18:40

    Liebe Sarah, ganz herzlichen Dank für den beeindruckenden Bericht zu meiner Blogparade. EIn blaues Feuer, wow!

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  • […] können. In Java habe ich drei davon besucht, den Tangkuban Perahu, den Sikadang Krater und den Ijen. Alle drei haben bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Ich habe zwar schon einige Vulkane […]

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